hamburg-bergedorf

Geschichte


Die erste Besiedelung geht bis in die Jungsteinzeit zurück. Es soll bereits Anfang des 9. Jahrhunderts am Bergedorfer Geesthang eine Dorfgemeinschaft gegeben haben. Ausgrabungsfunde am heutigen Schloss weisen zudem für die Zeit um 800 auf eine altsächsische Fluchtburg mit Wall und Graben hin. Die urkundlich belegte Geschichte Bergedorfs reicht dagegen nur bis in das Jahr 1162 zurück. Das Kirchspiel Bergerdorp gehörte unter dem Sachsenherzog "Heinrich dem Löwen" zunächst zum Erzbistum Hamburg, anschließend wechselte es jedoch in die Zuständigkeit des Bistums Ratzeburg.

Zu dieser Zeit war das damalige "Bergerdorp" bereits ein bedeutender Ort mit eigener Kirche. Die wichtige Heer- und Fernhandelsstraße von Hamburg nach Lauenburg durch den Ort, die noch heute existiert. Sie begünstigte die Lage des Ortes als Marktsiedlung. Doch nicht mehr lange: 1202 besetzten die Dänen nicht nur das nahe Hamburg, sondern auch "Bergerdorp".

Der vom Dänenkönig Waldemar II ernannte Statthalter, die thüringische Graf Albrecht von Orlamünde (ein Neffe Waldemars), drückte dem Ort gleich mehrfach seinen Stempel auf: Zum einen ließ er 1208 den Mühlendamm (die heutige Alte Holstenstraße) aufschütten, um die Bille zu stauen In dem Zuge wurde auch eine Kornwassermühle errichtet. Zum anderen erbaute er von 1212 bis 1224 im neu entstandenen Billebecken eine Wasserburg, um die sich eine zweite Siedlung etablierte. Sie gilt als historisch gesicherter Vorläufer des heutigen Schlosses.

Die dänische Besatzung endete 1227 nach der vernichtenden Niederlage bei Bornhöved (östlich von Neumünster). Ein Heer norddeutscher Fürsten sowie der Städte Hamburg und Lübeck konnten die Truppen des dänischen Königs Waldemar II. entscheidend besiegen. Dadurch gelangte das Gebiet unter die Hoheit des Grafen Adolf IV von Schauenburg. Wieder waren es die Herzöge von Lauenburg, die in Bergedorf und in die Wasserburg einzogen und dem Ort 1275 durch Johann I dem Ort die städtischen Rechte nach Mölln-Lübecker Vorbild. Der Flecken entwickelte sich in der Folgezeit zu einem Ackerbürgerstädtchen mit Marktplatz, eingefasst vom wallgeschützten Stadtgraben und zwei Stadttoren. Das Schloss war seinerzeit Sitz des zuständigen Vogts Otto von Ritzerau.

Herzog Erich III. von Sachsen-Lauenburg verpfändete Bergedorf 1370 gegen Zahlung einer Pfandsumme an die Stadt Lübeck. Nach seinem Tod 1401 hielt sich dessen Cousin Erich IV. nicht mehr an den Pfandvertrag gebunden, da er seinen Interessen entgegenstand. Er besetzte Bergedorf und vertrieb die Lübecker. In den Folgejahren störten die Nachkommen Erichs IV., seine Söhne Erich V., Bernhard III. und Otto den reibungslosen Verkehr auf dem Handelsweg zwischen Hamburg und der Elbfähre am Zollenspieker und ließen hansische Kaufleute überfallen.

Am 10. Juli 1420 griffen die Hansestädte Hamburg und Lübeck gemeinsam die Stadt Bergedorf an. Die Gründe lagen zum einen im Raubrittertum des Hauses Sachsen-Lauenburg, das die gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Hansestädte tangierte, und zum zweiten für Lübeck im verletzten Pfandvertrag. Hamburg und Lübeck beschlossen den Krieg und kündigten den Besatzern offen die Fehde an. Hierzu stellten sie ein Heer zusammen, das aus 800 Reitern, 1.000 Büchsenschützen, 2.000 Fußsoldaten und mehreren Kanonen bestand. Sie überrannten das schutzlose Bergedorf und belagerten volle fünf Tage die Burg, in der sich der ungeliebte Herzog mit der 40-köpfigen Burgbesatzung verschanzt hatte.

Ein zeitgenössischer Chronist schrieb über das Ende der Belagerung: "Am fünften Tage brachten die Belagerer des Morgens viel Stroh, Reisig, Pech und Teer vor und an das Pfahlwerk um das Schloss, streuten Büchsenpulver unter das Gehäuf der Tonnen und steckten es in Brand. Davon erhob sich ein solch mächtig Feuer und hitziger Rauchdampf, dass des Herzogs Kriegsvolk aus dem Bollwerk auf das Schloss entwich. Da liefen die Städter das Bollwerk in Scharen an, gewannen es und setzten denen im Schloss so ernsthaft zu, dass sich des Herzogs Volk auf Gnad und Ungnad ergab und abzog."

Der Frieden zu Perleberg sprach den Siegern nicht nur Bergedorf, sondern auch die späteren Vierlande, die Riepenburg beim Zollenspieker, den halben Sachsenwald, die Feste Kuddew&öuml;rde und Geesthacht zu. An den Vertragsverhandlungen war für Lübeck der Bürgermeister Jordan Pleskow und für Hamburg der Bürgermeister Hein Hoyer betraut.

Diese Neuerwerbungen verwalteten die Hansenstädte von 1420 an "beiderstädtisch", d.h, jede Stadt stellte abwechselnd einen Amtmann mit zwölf wehrhaften Kriegsknechten und Dienern. Dienstsitz war das Bergedorfer Schloss. Zunächst wechselten sich die Städte mit der Verwaltung des Gebietes alle vier, ab 1446 alle sechs Jahre ab. Ab 1620 übten die jeweiligen Burghauptleute ihr Amt auf Lebenszeit – ebenfalls im Wechsel – aus.

Der Schleusengraben zur Dove-Elbe entstand ab 1443 als Schifffahrtsweg zum Landgebiet, also den heutigen Vierlanden, und nach Hamburg. Zur damaligen Zeit wurde in der Nähe des Schlosses die Kirche St. Petri gebaut, die bis 1502 zur St. Petri und Pauli erweitert wurde. Das erste urkundliche Erwähnung des Zunftamtes datiert auf 1447.

Der Amtmann Ditmar Koel führte 1542 die Reformation in Bergedorf ein. Er ließ 1545 eine Sägemühle am Blickgraben errichten, die im 17. Jahrhundert am heutigen Kupferhof in eine Kupfermühle umgebaut wurde. Während des Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648 konnte sich Bergedorf durch Zahlung hoher Geldbeträge vor den Truppen der Katholischen Liga unter dem Feldherrn Johann t’Serclaes von Tilly bzw. vor den kaiserlichen Streitkräften unter dem Oberbefehlshaber Wallenstein schützen. 1621 zerstörte ein Großbrand annähernd die Hälfte der Stadt. Auf der Hude und dem Specken entstand um 1700 eine Vorstadt, in der sich neben einem Armenhaus auch eine Lohmühle erbaut wurde.

In der Franzosenzeit von 1806 bis 1814 wurden auch Bergedorf und das benachbarte Hamburg in das französische Kaiserreich einverleibt, bis die Städte an die russischen Belagerer übergeben wurden. In den Jahren danach folgte eine wirtschaftliche Erholung, die unter anderem vom Ausbau der Verkehrswege gekennzeichnet ist, namentlich der Wentorfer Straße in Richtung Schwarzenbek und der Kampchaussee. 1838 war die Kampchaussee die erste als Kunststraße angelegte zollfreie Verbindung über Billwerder nach Hamburg. Sie wurde nach 160 Jahren 1998 in Kurt-A.-Körber-Chaussee umbenannt. Ein weiterer Ausbau der Verkehrswege war der Bau der Hamburg-Bergedorfer Eisenbahn 1842 durch William Lindley. Die Verlängerung nach Berlin erfolgte 1846. Um den Bahnhof herum entstand das italienische Viertel mit vornehmen Restaurant wie dem Frascati (vgl. Frascatiplatz), dem Portici und dem Colosseum. Politisch-freiheitliche Bestrebungen führten 1847 zur Gründung des Bürgervereins. Für kurze Zeit, von 1861 bis 1867, druckte die Stadt sogar eigene Bergedorfer Briefmarken.

1867 kaufte die Stadt Hamburg der Stadt Lübeck deren Besitzrechte für 200.000 preußische Taler ab. Am 1. Januar 1868 endete somit die seit 1420 praktizierte beider städtische Verwaltung, Bergedorf wurde nunmehr endgültig Teil der Stadt Hamburg. Diese richtete zur Neuordnung ihrer eigenen Territorien außerhalb der Stadtmauern Landherrschaften ein, so auch die Landherrenschaft Bergedorf. Die Eingliederung Bergedorfs in den Deutschen Zollverein ließ die Ausfuhrabgaben auf produzierte Waren fortfallen. Die Gewerbefreiheit ab 1867 und die Gewerbeordnung von 1878 sorgten für eine Industrialisierung des Ortes. Eine Glashütte war 1869 der erste Großbetrieb, weitere folgten. Zwei Stuhlrohrfabriken erlangten besondere Bedeutung (vgl. Stuhlrohrstraße). Während der Amtszeit des Bürgermeisters Ernst Mantius von 1882 bis 1897 entwickelte sich Bergedorf zum modernen Vorort. 1887 wurde eine organisierte Müllabfuhr eingerichtet. Das erste Kraftwerk samt elektrischer Straßenbeleuchtung erhielt der Ort 1897. Um 1900 entstand das Bergedorfer Villenviertel.

Eine Kläranlage wurde 1910 gebaut. 1912 war für Bergedorf ein besonderes Jahr. Zu dieser Zeit war die sechs Jahre dauernde Ansiedelung der Hamburger Sternwarte auf dem Gojenberg abgeschlossen. Sie befand sich zuvor am Millerntor und zog wegen der Zunahme der Störungsquellen für die empfindlichen Optiken im Großstadtalltag in die Peripherie. In den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhundert veränderte Bergedorf sein Gesicht beträchtlich: In den 1900er-Jahren lockten die wachsenden Unternehmen scharenweise Arbeiter in die Stadt, es entstanden im Süden Bergedorfs Arbeitersiedlungen und Quartiere. In den 1920er-Jahren folgten weitere Aus- und Umbauten. Das Bergedorfer Rathaus entstand 1927. Bergedorf erhielt eine Fluss-Badeanstalt (Bille-Bad), ein Amtsgericht, ein Gefängnisgebäude, Gebäude für Polizei und Feuerwehr. Das Hansa-Gymnasium wurde errichtet und der Stadtgraben zugeschüttet. Der Bau der "Durchbruchstraße I" (heutige Vierlandenstraße) war eine radikale Baumaßnahme zur Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur.

Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz vom 1. April 1937, das bis zum 1. April 1938 umgesetzt wurde, verlor Bergedorf seine gemeindliche Selbstständigkeit und wurde kurzerhand zu einem von vielen Hamburger Stadtteilen. Der Stadtteil blieb von den Bombenangriffen der Alliierten auf die Zivilbevölkerung verschont. Tausende ausgebombter Hamburger fanden in den Auffanglagern Zuflucht. Von 1945 bis 1949 und in den Jahren der jungen Bundesrepublik erlebte Bergedorf weitere beträchtliche Veränderungen. So baute Kurt A. Körber 1945/46 in Bergedorf die weltweit exportierende Maschinenfabrik Hauni auf. Die "Durchbruchstraße II" (Bergedorfer Straße/B5) sorgte für einen städtebaulichen Wandel, denn für die neue Straße mussten unter Protest vieler Bürger alte Fachwerkhäuser weichen. Die Großwohnsiedlung Bergedorf-West entstand von 1968 bis 1973 in einer für die damalige Zeit typischen Art und Ausprägung. Die 1971 eingerichtete Fußgängerzone Sachsentor/Alte Holstenstraße sorgte hingegen für eine weitere Erhöhung der Attraktivität der inneren Bergedorfer Altstadt. Das erste kleinere Einkaufszentrum CCB (City-Center Bergedorf) entstand 1973.

Trotz der mittlerweile seit über 140 Jahren währenden Zugehörigkeit zu Hamburg hat sich Bergedorf – begünstigt durch die örtliche Entfernung und geografische Inselbildung des Ortes – eine eigene Identität bewahrt. Obgleich selbst Hamburger, fahren Bergedorfer – ähnlich wie Harburger – noch heute "nach Hamburg", wenn sie die innere Hamburger Stadt aufsuchen.


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